Gebündelte Stimmgewalt
Doppelchörige Bach-Motetten in der Göttinger Kirche St. Nikolai
Vergleicht man die Zahl der Motetten Johann Sebastian Bachs mit denen seiner Kantaten, so machen diese nur einen Bruchteil seines Schaffens aus. Am Sonnabend nahmen sich das Göttinger Vokalensemble, der Hamelner Kammerchor St. Nicolai und das Barockorchester Antico aus Bremen dieser Werke an.
Gemeinsam erfüllen sie die gut besuchte Göttinger Universitätskirche St. Nikolai mit den strahlenden Klängen von Bachs fünf doppelchörigen Motetten und drei kleinen Instrumentalwerken. Hans Christoph Becker-Foss, dem Leiter dieses musikalischen Projektes, ist es gelungen, die rund 100 Sänger nahezu aller Altersklassen der beiden Chöre zu einer Einheit werden zu lassen.
Die Sinfonia aus der Kantate Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen eröffnet das Konzert. Mit der ersten Motette, Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn greift die Musik diese andächtige Stimmung noch einmal auf, wird jedoch schon bald durch kunstvolle Verzierungen und ineinandergreifende Melodien aufgebrochen. Trotz der enormen Größe des Chores sind die verschiedenen Stimmen und Melodien stets deutlich voneinander zu unterscheiden.
Wie aus einem einzigen großen Fluss vermischen sie sich in der Motette Fürchte dich nicht, ich bin bei dir. Noch beeindruckender erscheint der Gesang, wenn nach den ausgedehnten Fugen in einem homophonen Schluss die gebündelte Stimmgewalt des Chores durch die Kirche strömt. Bachs größte doppelchörige Motette, Singet dem Herrn ein neues Lied, bildet das große Finale des Abends. Das strahlende Hallelujah sorgt für einen glanzvollen, feierlichen Abschluss und wird mit begeistertem, wohlverdientem Beifall bedacht.
Autor: Von Tina Evers, Foto: Heller, erschienen in: Göttinger Tageblatt am 13.05.2014