Johannes Brahms: Ein Deutsches Requiem Op.45 | Projekt 2021

Konzertplakat: Johannes Brahms: Ein Deutsches Requiem Op.45

Programm

Ein Deutsches Requiem in der Fassung von Heinrich Poos (1928-2020) für Chor, Solisten, 2 Flügel und Pauke

Termine

Sonntag, 24. Oktober 2021 um 15.00 Uhr in St. Paulus Göttingen

zusätzliche Informationen

Als das Jahr 2020 anbrach, war in der Kulturszene noch nicht abzusehen, welch gravierende Auswirkungen die Coronapandemie auf Konzerte, Veranstaltungen und den Probenbetrieb haben würde. Das göttinger vokalensemble musste in der Folge schweren Herzens seine für April 2020 geplanten Konzerte von Antonín Dvořáks D-Dur-Messe (Orchesterfassung) und Maurice Duruflés Requiem (Orgelfassung) absagen, seither konnte lediglich a-cappella und mit großen Abständen oder draußen musiziert werden.

Wir freuen uns daher umso mehr, mit dem Requiem von Johannes Brahms nun wieder ein großes Werk der klassischen Chor- / Orchesterliteratur aufführen zu können. Nicht aber mit großer Orchesterbesetzung wie vom Komponisten ursprünglich vorgesehen, sondern mit einer kleinen, feinen Kammermusikbesetzung in der Fassung von Heinrich Poos (1928-2020).

Zu Poos` Gründen, zusätzlich zur historischen „Londoner Fassung“ des Brahms-Requiems für Chor, Soli und Klavier zu vier Händen (Uraufführung 1871) eine weitere Kammermusikfassung einzurichten, ist nichts weiter bekannt. Lediglich, dass die Bearbeitung auf „Anregung meines nicht nur von mir verehrten und bewunderten langjährigen Freundes Padre Pio Capponi O.F.M., seiner Zeit Maestro der Cappella Musicale der Basilica del Santo in Padua“ entstand (1978), ist von Heinrich Poos aus dem Vorwort der bei Breitkopf & Härtel im Jahr 2020 gedruckten Ausgabe zu entnehmen. Da diese Fassung bislang nur als Handschriftendruck verfügbar und aufführbar war, erschien eine Aufführung bisher deutlich schwieriger realisierbar, als es nun der Fall ist. Die Neuauflage von Breitkopf & Härtel erfreut sich insofern verständlicherweise reger Aufmerksamkeit in der Chormusikszene und eröffnet Kammerchören ganz neue Perspektiven, das Werk einmal aufführen zu können.

Als Dirigierstudent in der Klasse von Prof. Walter Nußbaum an der Musikhochschule Hannover konnte ich bereits im Jahr 2012 hörend erleben, welche Veränderungen das Brahms-Requiem durch die Aufführung in einer Kammermusikbesetzung erfährt. Damals allerdings nicht in der Poos-Fassung, sondern einer von Dirigier- und Kompositionsstudenten arrangierten Fassung für Chor und
Kammerorchester nach Schönberg´schem Vorbild.

Plötzlich werden Feinheiten im Chorsatz hörbar, die sonst in großer Besetzung bisweilen untergehen, durch Kammerchorbesetzung verändert sich außerdem das Klangbild und die Gewichtung der Klangkörper. Brahms´ große Kunst, für a-cappella-Chor zu schreiben wird unmittelbar greifbar; so etwa entsteht im zweiten Satz („so seid nun geduldig“) oder auch im siebten Satz eine schwebende Leichtigkeit, die erstaunlich anmutet angesichts der großen sinfonischen Anlage des Werks. Überhaupt: Dynamische Abstufungen ins Piano, Flexibilität in den Tempi, Rubato und Textverständlichkeit werden in der Kammermusikfassung nicht nur in gesteigertem Maß möglich, sondern sind auch Voraussetzung, lebendig und vielfarbig zu musizieren.

Bleibt die spannende Frage: Hat eine Aufführung des Werks in einer Kammermusikfassung seine Berechtigung? Historisch gesehen kann man sie zunächst einmal mit „Ja“ beantworten. So hat es vor der ersten „großen“ vollständigen Uraufführung mit allen sieben Sätzen - im Leipziger Gewandhaus am 18. Februar 1869 unter der Leitung von Carl Reinecke - bereits eine Art Vorpremiere in Dessau am 3. Januar in der Klavierauszug-Version in mit kleinem Chor und Solisten gegeben.

Für die sogenannte „Londoner Fassung“ 1871 mit Klavier zu vier Händen (ursprünglich rein instrumental angelegt), hat überdies Brahms selbst den Klavierpart eingerichtet. Die Aufführung damals erfolgte dann mit einem ca. 30-köpfigen Chor in den Gesellschaftsräumen des Chirurgen Sir Henry Thompson und seiner Gattin Lady Kate Thompson. Dass dies ursprünglich vom Komponisten nicht intendiert war – der Editionsleiter der Johannes Brahms Gesamtausgabe beim G. Henle Verlag Michael Struck spricht von einem „Notbehelf“ – mag zu diskutieren sein. In einem Brief schreibt Brahms, nicht ohne Ironie: „Ich habe mich der edlen Beschäftigung hingegeben, mein unsterbliches Werk auch für die vierhändige Seele genießbar zu machen. Jetzt kann´s nicht untergehen.“

Dennoch darf man konstatieren: damals wie heute erforderten offensichtlich gewisse Rahmenbedingungen einen gelegentlich undogmatischen Umgang mit den Werken, um sie zur Aufführung und damit zu den Menschen zu bringen. Den Komponisten war dies wohl bewusst. Das göttinger vokalensemble hatte bereits bei der Einstudierung in Kammerchorbesetzung außerordentlich viel Freude und so manche wunderbare musikalische Überraschung wartete in diesem Zusammenhang selbst auf „Brahms-Requiem-erfahrene“ Choristen und Choristinnen.

Bilden Sie sich also selbst ein Urteil, hören Sie hin und genießen Sie die fantastische Musik! Und wenn Sie dann direkt vergleichen mögen: Im kommenden März wird das Werk in St. Jacobi mit der Jacobikantorei unter Leitung von Stefan Kordes in der großen Besetzung erklingen...

Andreas Jedamzik


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